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Meistersel Blog

Alarmstufe rot für fast 1000 Jahre alte Burg Meistersel bei Burrweiler/Ramberg 

Der folgende Artikel erschien am 10. November 2004 im Pfälzer Tageblatt:

Ruine verfällt, weil der Eigentümer tatenlos zusieht

Kreisverwaltung hofft auf Einsatz der Bevölkerung

Die glanzvollen Zeiten der Burg Meistersel sind freilich lange passé. Doch auch als Ruine hatte der einstige und lange Zeit einzige Feudalsitz in der Region, der auf einer 492 Meter hohen Bergkuppe nur wenige Kilometer westlich von Burrweiler das Modenbachtal überragt, eine interessante Geschichte zu erzählen. Nun aber scheint die in Privatbesitz befindliche Burg endgültig dem Verfall preisgegeben. Der Eigentümer sieht jedenfalls tatenlos zu, wie auch die letzten Mauern der kunsthistorisch bedeutenden Anlage zerbröckeln. Und leider tut mancher vandalierende Zeitgenosse ein Übrigens, das steinerne Zeugnis einer fast 1000-jährigen Historie mit dumpfem Mutwillen zu zerstören.

Dabei hätte die Burg Meistersel , die in einer auf den Dreikönigstag des Jahres 1100 datierten Schenkungsurkunde des Bischofs Johannes I. von Speyer erstmals erwähnt wird, ein ehrenderes Andenken verdient, gehört sie doch zu den ältesten Burganlagen der Pfalz. Gegründet im 11. Jahrhundert und im 12. Jahrhundert sogar im Status einer Reichsburg, erlebte sie eine lange Blütezeit bis ins 14. Jahrhundert, als sie „Ganerbensitz“ und folglich geteilt wurde. Im Bauernkrieg (1525) wurde die Burganlage, deren Name aus der Ritterzeit stammt und „Wohnung des Meisters“ bedeutet, gewaltsam zerstört, bald darauf aber wieder aufgebaut. Erst der Dreißigjährige Krieg besiegelte ihr Ende. Seither ist die Meistersel eine Ruine und als solche dem zeitumwitterten Charme der Vergänglichkeit unterworfen.

Gekritzeltes Pappschild weist Weg

Wer den Weg zu ihr findet, – nur ein von Hand gekritzeltes, Schreibfehler behaftetes Miniaturpappschild weist die Richtung vom Parkplatz drei Buchen -, staunt über die eindrucksvollen Mauer- und Grabenreste, die heute noch die frühere Dreiteilung erkennen lassen. Zu sehen sind die Oberburg mit Teilen eines Wohnhauses auf einem markanten Felsen, die Unterburg mit dem einstigen Brunnenschacht und die Vorburg nördlich des Halsgrabens mit einer moosüberwucherten Umfassungsmauer. Nicht nur diese ist extrem wackelig. Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Reinhard Zimmermann von der Universität Trier, dem die Meistersel besonders ans Herz gewachsen ist, hat weitere Schwachstellen ausfindig gemacht, die er der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße als Untere Denkmalschutzbehörde jüngst in einem detaillierten Schreiben darlegte.

„Unmittelbar einsturzgefährdet“ ist demnach der gotische Wohnbau mit einem „in der Pfalz einmaligen“ vierteiligen Spitzbogenfenster, das leider schon trauriges Symbol des rasanten Verfalls ist. Denn während es – noch völlig intakt – als stimmungsvolles Bildmotiv in vielen Burgenführern auftaucht, sind zwei der drei tragenden Säulen mittlerweile zerstört. Auch die Brunnenanlage und die Reste der einst aufwändigen Toranlage mit dem (noch) sehr gut erhaltenen inneren Spitzbogentor sind „akut bedroht“. Kein Wunder also, dass der Kunsthistoriker Alarmstufe rot sieht, die seines Erachtens finanziell erschwinglichen Sofortmaßnahmen zum „Stopp des weiteren Verfalls“ fordert und die zuständigen Behörden ermahnt, keinesfalls vor einem „nicht zur Kooperation bereiten Eigentümer“ zu kapitulieren.

Nun könnte man meinen, „Eigentum verpflichtet“. Doch so einfach ist die Sache leider nicht, gibt Kurt Frein vom Landesdenkmalamt in Mainz zu bedenken. Den Eigentümer eines Denkmals kann man gemäß eines heiß diskutierten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes von 1999 nämlich „nicht merklich in die Pflicht nehmen, wenn er daraus keine Erträge gewinnt“. Das aber ist bei der Burgruine Meistersel weder möglich noch erwünscht. Zur Debatte steht keine Rittererlebniswelt mit Würstchenbude, sondern ausschließlich die sensible Bewahrung des wildromantischen Ist-Zustandes mitsamt seines reizvollen Vergänglichkeitscharakters.

Unterstützung in fünfstelliger Höhe

Dafür allerdings signalisiert das Landesdenkmalamt finanzielle Schützenhilfe in fünfstelliger Höhe. Frein schwebt eine Art mobile „Bauhütte“ vor, so dass „fünf bis sechs Leute ohne großen Aufwand und mit einfachem Gerät“ die Instandhaltung bewerkstelligen könnten.

Baudirektor Arno Wahrheit von der Kreisverwaltung SÜW hofft zwar ebenfalls auf Rettung, sieht die Sachlage aber pessimistischer, solange sich die Bevölkerung nicht vehement für den Erhalt „ihres“ Denkmals einsetzt und öffentlichen Druck ausübt. Seit jeher war die Meistersel uneinnehmbar, das wird für die Handwerker heute auch nicht anders sein, so seine Mutmaßungen, die er mit Personal- und Sachkosten multipliziert. Das Ergebnis ist eine „Investition jenseits von gut und böse“, die letztendlich doch in den Sand gesetzt sei, wenn der Eigentümer kein Einsehen für die Folgepflege habe.

Was sagt der weit ab vom Schuss lebende „Burgherr“, Rechtsanwalt Dr. Klaus W…, zu all den Gedankenspielen um sein verfallendes Hab und Gut? Er ist schlicht unerreichbar. Sämtliche Versuche der telefonischen Kontaktaufnahme beantwortet eine synthetische Stimme: „Kein Anschluss unter dieser Nummer …“